Rückenwind für Klimaschutz!

Kategorie: Energiewende (Seite 1 von 2)

Erwiderung zum Artikel von Gegenwind Schriesheim im Mitteilungsblatt 2024/29

Im letzten Artikel von Gegenwind Schriesheim wird unser Artikel im Mitteilungsblatt 2024/28 kritisiert. Es werden von Gegenwind Schriesheim allerdings im Wesentlichen die lang widerlegten Falschbehauptungen des Klimawandelleugners Fritz Vahrenholt wiederholt. Die im letzten Teil verlinkte Studie stammt nicht von „ausgewiesenen Fachleuten“, sondern vom ehemaligen AfD-Kreisrat Andreas Geisenheiner sowie Klaus K. Maier, zu dem sich im Internet so gut wie nichts findet. Die in besagter Studie verwendeten Quellen umfassen das rechte Blog „Achse des Guten“, das rechtspopulistische Online-Magazin „Tichys Einblick“ sowie die von Vahrenholt gegründete Klimawandel-Leugnungsfirma „relook climate“.

Potential der Energiewende für Schriesheim und Dossenheim

Energieverbrauch und -Erzeugung in Schriesheim und Dossenheim 2019

Wie wir im letzten Artikel gesehen haben, schlagen die Importe von fossilen Energieträgern deutschlandweit mit Summen zu Buche, die deutlich höher sind als die Neuverschuldung des Bundes. Interessanterweise stellt der Import von Öl den Löwenanteil, gefolgt von Gas und nur ein hundertstel der Kosten stammt von Kohleimporten. Dies hat vor allem drei Gründe: Zum Einen nutzt Deutschland zu 2/3 heimische Braunkohle und importiert nur 1/3 Steinkohle. Zum anderen wird Kohle hauptsächlich zur Stromproduktion eingesetzt und Strom stellt nur ein Viertel des Endenergiebedarfs dar. Und schließlich wird Kohle als Energieträger zur Stromerzeugung konsequent zurückgedrängt, inzwischen werden deutlich mehr als die Hälfte unseres Stroms aus erneuerbaren Energien gewonnen.

In Schriesheim und Dossenheim sieht das nicht anders aus: 2019 wurden von den beiden Gemeinden zusammen ca. 360.000 Megawattstunden fossile Energie verbraucht, aber nur 74.000 Megawattstunden Strom. Daraus folgen zwei Dinge:

  1. wenn wir von fossilen Energieträgern unabhängig werden wollen (und dabei ganz nebenbei ca. 20 Millionen Euro sparen), dann müssen wir dringend und schnellstmöglich die Elektrifizierung der Mobilität und der Heizungen angehen.
  2. wenn wir dies tun, dann steigt der Stromverbrauch als dann einziger Energieträger auf mehr als das Doppelte – neue klimaneutrale Erzeugungsanlagen sind also unbedingt erforderlich.

Das Schöne ist, dass die Alternativen zum Verbrennen von Sachen unglaublich effizient sind. Elektroautos brauchen nur ca. ein Drittel des Primärenergiebedarfs von Verbrennern und Wärmepumpen gewinnen 2/3 ihrer Wärme aus der Umgebung. Alleine die Umstellung der Sektoren Mobilität und Wärme ist also das gigantischste Energiesparprogramm, das es jemals gegeben hat, und deswegen fällt der Primärenergiebedarf durch die Elektrifizierung auf ca. die Hälfte ab. Und jetzt wird es richtig spannend: Schriesheim und Dossenheim haben das Potential, durch die Errichtung von nur 6 Windkraftanlagen der 4MW-Klasse und Ausnutzung des Solarpotentials auf Dächern und Freiflächen bilanziell energieautark und vollständig klimaneutral zu werden – und dabei die Stromkosten noch weiter zu senken: Nicht nur die Gemeinden, sondern jeder einzelne Bürger. Diese Chance sollten wir unbedingt nutzen: Ihr nächstes Auto sollte ein Elektroauto sein und Ihre nächste Heizung eine Wärmepumpe.

Stromhandel und fossile Importe

Nachdem Deutschlands Energiewendegegner sich schon seit langem ständig darüber beschweren, dass Deutschland angeblich Stromüberschüsse billig ins Ausland verkaufen und Strom teuer aus dem Ausland kaufen müsse, fordern nun auch Frankreichs Rechte eine Abkopplung Frankreichs vom europäischen Stromnetz – interessanterweise mit demselben Argument: Frankreich müsse teuer Strom kaufen und billig verkaufen, das treibe die Kosten in die Höhe. In der Logik von Energiewendegegnern und rechten Populisten ist gehandelter Strom also immer gleichzeitig zu billig und zu teuer. Es stellt sich also die interessante Frage, wer hier eigentlich tatsächlich von wem profitiert und wer darunter leidet.

Die Antwort ist so einfach wie erwartbar: Wie bei jedem Handel profitieren beide Seiten. Während Frankreich vor allem in den Sommermonaten regelmäßig zu viel Atomstrom ins Netz drückt, den Deutschland gerne günstig einkauft, lässt sich Frankreich im Winter gerne von deutschen Windrädern und Kohlekraftwerken beliefern.

Stromhandel mit Frankreich 2023

Wäre dies nicht möglich, müssten bestenfalls die Erzeuger ihre Kraftwerke abschalten (wodurch sie gar nichts mehr für den Strom bekämen und was gerade bei fossilen Kraftwerken höhere Kosten verursacht als den Strom zu negativen Preisen zu verschenken) und schlimmstenfalls (und gerade in Frankreich mit den trägen Atomkraftwerken wahrscheinlich) würde das jeweilige nationale Netz regelmäßig zusammenbrechen. Der europäische Stromhandel macht also das Netz stabiler und den Strom günstiger, denn: Wenn Strom billig ist (oder sogar negative Preise vorkommen), dann hat das angesichts des verhältnismäßig geringen Anteils des Handels von ca. einem Sechstel an der Gesamterzeugung vornehmlich Auswirkungen auf den nationalen Strommarkt – das heißt es profitieren die Bürger und die Unternehmen.

Anteil des Stromhandels an der Last im Jahresverlauf 2023

Was unsere Energiekosten aber tatsächlich massiv erhöht, sind Importe von Primärenergieträgern – letztes Jahr 973.493.000 Euro für Steinkohle, 24.396.673.000 Euro für Gas und 42.579.180.000 Euro für Öl – zusammen fast 68 Milliarden Euro für fossile Energie, deutlich mehr als die Neuverschuldung des Bundes von 45,61 Milliarden Euro. Demgegenüber beträgt das Strom-Außenhandelssaldo von -718 Millionen Euro in 2023 nur knapp ein Hundertstel und war in 2022 mit +5,3 Milliarden Euro sogar positiv.

Wenn wir also unsere Energiekosten senken wollen, müssen wir unsere Heizungen und unsere Mobilität auf Strom umstellen und die erneuerbaren Energien ausbauen, denn jedes Windrad, jede Solaranlage reduziert unsere Energiekosten.

Wenn Sie weiter lesen möchten, empfehlen wir diesen Artikel.

Wasserstoff zu Hause für den eigenen Bedarf herstellen

Duale Hochschule stellte Idee bei zweitem Wasserstoff-Forum vor – Ludwigshafener Firma gewinnt Energieträger aus Reststoffen

Wasserstoff ist der Champagner der Energiewende – und hat Verluste von 40% – 50%. Schade dass das nicht im Artikel erwähnt wird. Daher ist Wasserstoff nur für chemische Prozesse und als Langfristspeicher sinnvoll und einige wenige andere wie z.B. Langstreckenflüge.

Weitere Hintergründe zum Wasserstoff als Energieträger finden Sie hier.

Bericht zum Vortrag „Chancen der Energiewende“ von Bertram Fleck

Der Vortrag „Chancen der Energiewende“ von Bertram Fleck am 20.04.2024 im Zehntkeller in Schriesheim war begeisternd! Bertram Fleck, ehemaliger Landrat des Rhein-Hunsrück-Kreises und Initiator der dortigen Energiewende, berichtete, wie er mit einem starken Team bereits vor 35 Jahren in den Veränderungsprozess einstieg und welche Wertschöpfung daraus seit vielen Jahren für die Bevölkerung und Gemeinden entstand.

Bertram Fleck

Auch jetzt noch mit 74 Jahren vermittelte er mit bemerkenswerter Begeisterung, Humor und viel Fingerspitzengefühl sein Thema. So gewann er schnell die Hörerschaft im Zehntkeller für sich und in der sich anschließenden Fragerunde meldete sich nur eine moderat kritische Stimme zu Wort, ansonsten waren zustimmende, begeisterte Äußerungen oder nach Informationen oder Rat Fragende zu hören.

Das Publikum

Als entscheidend betonte er die Teamarbeit, Kommunikation, Transparenz und Einbindung der Bevölkerung. In Kürze zusammengefasst sind Bertram Flecks Kernbotschaften folgende: Tragt mit allem, was ihr könnt zur Reduzierung des Energieverbrauchs bei (er hat sehr einfache und pfiffige Ideen dazu), setzt euch mit vollem Engagement für erneuerbare Energie ein, zieht alle an einem Strang (hier bot er erneut überzeugende Ideen, um Bürger und politisch Entscheidende für die Sache zu gewinnen), wartet nicht, bis alle Hemmnisse beseitigt sind, „es ist kein Geld da“ sei kein Argument (Geld lasse sich immer auftreiben, auch hier berichtet er von erfolgreichen Beispielen). Und ganz entscheidend: Handelt jetzt! Zum einen, weil die Klimaveränderungen ein Zögern, Zagen, Zaudern nicht mehr zulassen – zum anderen, weil laut Gesetzeslage ab 2028 ohne Einbeziehung der Kommunen und Bevölkerung Windradanlagen gebaut werden dürfen. Das heißt, es wird sowieso Windräder geben, wenn diese aber von Großkonzernen gebaut werden, ist zu vermuten, dass die Bevölkerung vor Ort nicht an den finanziellen Gewinnen beteiligt sein wird. 

Als Ergebnis der konsequenten Umstellung auf erneuerbare Energien konnte sein Landkreis die regionale Wertschöpfung auf über 40 Millionen Euro jährlich erhöhen. Die einzelnen Gemeinden haben sehr davon profitiert und seitdem genügend Spielraum, um Kindergärten, Schulen, Umweltschutz und das gesamte Angebot an die Bürger hervorragend auszustatten.

Gleichzeitig stimmt Bertram Fleck zu, dass Windräder für manche Menschen nicht schön sind und sie sich dadurch gestört fühlen. Er betont die Wichtigkeit, diese Befürchtungen der Menschen ernst zu nehmen und in die Planungshase einzubeziehen. Meist habe er Ängste vor Veränderungen oder negativen Konsequenzen abbauen und mit den positiven Effekten nachhaltig überzeugen können.

Inzwischen erlebten die Ortschaften mit den erneuerbaren Energien einen deutlichen Zuzug. Daran sehe man auch, wie hoch die Akzeptanz von Windrädern und anderen Anlagen für die ökologische Energiegewinnung inzwischen sei.

Auf die gestellte Frage, ob man prinzipiell lieber anstatt im Wald nur in der Ebene Windräder bauen sollte, erwidert Bertram Fleck, dass wir es uns gerade zum langfristigen Schutz unserer Wälder nicht mehr leisten könnten, auf Standorte im Wald zu verzichten. Vielmehr müsse man für den erfolgreichen Klimaschutz an allen Standorten bauen, an denen es möglich sei. Er betont jedoch auch, dass gut geprüft werden müsse, ob ein Standort entsprechend des Arten- und Naturschutzes angemessen ist (auch in seinem Landkreis seien 148 Windräder abgelehnt worden, aber an den anderen Standorten wurden ca. 270 Windräder gebaut, auch nah an Wohngebieten und im Wald). Sein Landkreis nutze zusätzlich viele andere erneuerbare Energien (z.B. Biogasanlagen, Erdwärme, Photovoltaik, Solarthermie, Grünschnittverbrennung). Durch die Grünschnittverbrennung würden zum Beispiel vier Schulen geheizt.

Bertram Fleck präsentierte in seinem Vortrag sein Lebenswerk, betonte aber von Beginn an, dass diese erfolgreiche Energiewende nur im Team gelingen konnte und es auf die Köpfe ankomme, die am Werk seien. Es ist schwer vorstellbar, dass jemand, der ihn an dem Abend gehört hat, nicht beeindruckt gewesen sein könnte! Und wer wünschte nicht, in solch einem innovativen, mutigen und menschennahen Team mitzuarbeiten – oder dass die Energiewende auf diese Weise und mit solchen Ergebnissen auch bei uns schon vollzogen wäre!

Den Bericht der Rhein-Neckar-Zeitung zum Vortrag lesen Sie hier

Faktencheck zu Vahrenholt

Angesichts der Fülle von Behauptungen, die Fritz Vahrenholt in seinem Vortrag am Freitag letzter Woche aufgestellt hatte, hat es etwas gedauert, aber jetzt ist der angekündigte Faktencheck fertig: https://energiewende.eu/vahrenholt-im-faktencheck/ . In der Tat ist es ein „Rundumschlag“, denn kaum eine Aussage Vahrenholts ist korrekt und unverzerrt.

Er schickt China vor (und verschweigt dabei, dass China in einem Jahr mehr Erneuerbare installiert als Deutschland überhaupt hat), übertreibt maßlos den Bau neuer Kernkraftwerke im Ausland, verbreitet die alte Fakenews zum angeblich höchsten Strompreis der Welt, macht wider besseres Wissen wahlweise die Bundesregierung, die Abschaltung der Atomkraftwerke, die EU oder die erneuerbaren Energien für den Strompreisanstieg während des Ukrainekrieges verantwortlich und verschweigt dabei bewußt die Rolle der maroden französischen Kernkraftwerke, lügt über die deutsche Kohleverstromung, vergießt Krokodilstränen über die angebliche Deindustrialisierung Deutschlands (die wenn überhaupt ihre Ursache im Verschlafen der ökologischen Transformation hat), zitiert das rechte Magazin Tichys Einblick, verbreitet falsche Interpretationen vollkommen normaler Handelsbilanzen.

Er lügt über die angebliche Zerstörung der Kernkraftwerke durch die grünen Landesregierungen, erzählt die alte Mär von der Dunkelflaute, benutzt falsche Zahlen in seinen Berechnungen, verwechselt Primärenergie mit Endenergie, wiederholt die Standard-Argumente Vogelkiller, Insektenkiller, Fledermauskiller, verharmlost den Klimawandel, nimmt jährlich hunderte zusätzliche Hitzetote in Kauf um Fracking zu rechtfertigen, welches seiner Karte zufolge durchaus auch in der Rheinebene denkbar wäre (freilich unter Umgehung sämtlicher Umweltauflagen), übertreibt die Möglichkeiten der Verpressung von CO2 in den Boden und fabuliert von angeblich sicheren und sauberen Kernkraftwerken.

Thomas Rinneberg, Altenbach

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