Mittlerweile hat der BUND Dossenheim eine umfangreiche FAQ zur Windkraft am Weißen Stein erstellt, die auch mit dem BUND Landesverband abgesprochen ist. Darin werden die Behauptungen des NABU Heidelberg zum Artenschutz widerlegt.
Als Zitate markiert (grau hinterlegt) die Aussagen des NABU, direkt darunter jeweils unser Kommentar.
Hier in der Region wurden die Odenwaldgebiete „Lammerskopf“ und „Weißer Stein“ (Bild 1) vom VRRN im Umweltbericht Jan. 2024 zwar wegen der „hohen negativen Umweltauswirkungen“ als Vorranggebiete klar mit „nicht geeignet“ bewertet, sie wurden aber trotzdem in die Planung aufgenommen. Sept. 2025 hat der VRRN modifizierte Pläne vorgelegt und diese Waldgebiete nun leider als „noch nicht endgültig abgewogen“ ausgewiesen, sie werden also zurzeit überprüft und können letztlich als geeignet eingestuft werden.
Das ist nicht korrekt bzw. unvollständig. Die vollständige Bewertung des VRRN fordert eine Natura-2000-Verträglichkeitsprüfung oder alterantiv eine Verkleinerung mit ausreichend Abstand zum Vogelschutzgebiet.
Letztere wurde bereits beschlossen, zusätzlich wird von den Gemeinden Schriesheim und Dossenheim trotzdem eine spezielle Artenschutzprüfung gefordert, der der avisierte Betreiber PIONEXT auch zugestimmt hat.
Von den zukünftigen Verpächtern (Forst BaWü, Stadt HD, Dossenheim, Schriesheim) wurden für diese Gebiete jetzt schon mögliche WKA-Betreiber gesucht; u.a. weil sehr hohe Pachteinnahmen locken.
Einnahmen von 200.000 – 300.000 Euro pro Gemeinde sind zwar sehr wertvoll, aber nicht “sehr hoch”. Sie decken nicht mal ansatzweise die Schuldentilgung ab.
Darunter auch geschützte, windenergiesensible Arten (gelistet im „Fachbeitrag Artenschutz für die Regionalplanung“ des Landesumweltamtes LUBW) wie bestimmte Vogel- und Fledermausarten, die ihrer Habitate beraubt und verletzt bzw. getötet würden (Geschwindigkeit an den Rotorblätter-Spitzen bis 350 km/h).
Hierfür fehlt jeglicher Beleg. Die reine Tatsache, dass die Flügelspitzen schnell sind, begründet die Aussage nicht. Tatsächlich werden Artenschutzprüfungen und darauf folgend Ausgleichsmaßnahmen durchgeführt um die Standorte an das Vorkommen von Tieren anzupassen und Schäden für Vögel und Fledermäuse zu verhindern bzw. so gering wie möglich zu gestalten.
Als einziger größerer (30 km2), von Straßen unzerschnittener Naturraum des ganzen Rhein-Neckar-Kreises (nur Zwei in Nordbaden) sowie zertifizierter Kur- und Stadtwald ist dieses Gebiet besonders wichtig für die Naherholung als eine Oase der Ruhe und des Durchatmens.
Inwieweit Windräder, die sich hundert Meter über die Baumwipfel erheben, die Naherholung beeinträchtigen, ist höchst subjektiv. Ist man den Anlagen gegenüber negativ eingestellt, so ist dies sicherlich der Fall, bei neutraler oder positiver Einstellung sind sie eher Sehenswürdigkeit statt Störung – insbesondere aufgrund der geringen Flächeninanspruchnahme, bei der 99,8% des Waldes unangetastet bleiben.
Beide Waldgebiete haben auf Grund ihrer „Schwammfunktion“ die wichtige Funktion, Regenwasser zu speichern (bis zu 500 l/m2 Boden). Pro WKA (3.000 m3 Beton-Fundament) gehen ca. 10.000 m2 Waldboden für Zuwegungen und Dauerfreiflächen verloren (Bild 2). Dies kann zu vermehrter Erosion, Erdrutschen, Überflutungen etc. führen (Bild 3, 4).
Die tatsächlich versiegelte Fläche sind 700 m2, etwa so viel wie für zwei Einfamilienhäuser versiegelt wird. Die Kranstellfläche ist wasserdurchlässig. Für die Standfestigkeit der Windkraftanlage ist entscheidend, dass diese nicht unterspült wird – daher ist es im Interesse der Betreiber selbst, derartige Ereignisse zu vermeiden. Es ist daher Teil des Genehmigungsverfahrens, entsprechende Drainage- und Entwässerungskonzepte vorzulegen. Daher gibt es keinen einzigen dokumentierten Fall, in dem Windkraftanlagen tatsächlich zur Umlenkung von Starkregenabflüssen geführt hat.
Außerdem liegen in beiden Vorranggebieten Wasserschutzgebiete (Zone III), wodurch es zu Beeinträchtigungen der Heidelberger Trinkwasserversorgung kommen kann.
Es ist Teil des Genehmigungsverfahrens, Hydrogeologische Gutachten vorzulegen um dies auszuschließen. Angesichts der geringen Fläche ist eine verminderte Versickerung ausgeschlossen.
Außerdem ist in einem Wasserschutzgebiet der Zone III sogar Landwirtschaft zulässig – der großflächige Eintrag von Nitrat ist ein sehr viel höheres Risiko (und wurde auch schon mehrfach nachgewiesen) als die Gefahr eines Öl-Lecks einer Windkraftanlage, das ins Grundwasser gelangt. Tatsächlich sind am Weißen Stein sogar getriebelose Anlagen vorgesehen, die gar kein Getriebeöl enthalten. Auch hier gehen die Vorgaben der Gemeinde über die allgemeinen Anforderungen hinaus.
Beide Waldgebiete tragen u.a. durch Verdunstung ganz wesentlich zur Luftkühlung bei, wovon die umliegenden Wohngebiete sehr profitieren, denn in der Stadt Heidelberg gibt es nur wenig Grünflächen. WKA-Dauerfreiflächen dagegen erhitzen sich sehr stark und tragen so zur Austrockung des Waldes und auch erhöhter Brandgefahr bei.
Geschotterte Freiflächen können sich bei starker Sonneneinstrahlung und fehlender Verschattung tatsächlich um 10°C-20°C stärker erhitzen als der umgebende Wald. Jedoch reicht die Wirkung nur 10m-50m weit in den umgebende Wald hinein (Quelle 1) (Quelle 2). Daher ist eine erhöhte Waldbrandgefahr nur bei extremen Dürreperioden gegeben und wenn außerdem der Rand der Freifläche nicht forstwirtschaftlich gepflegt ist (also hohes trockenes Gras oder Totholz enthält)
Auch die Rolle des intakten Waldes für die Luftreinigung, d.h. das Herausfiltern von Schadstoffen, besonders solcher aus der Rheinebene durch Verkehr und Industrie, ist sehr wichtig;
Korrekt. Dies wird jedoch durch die kleinen Flächen im Verhältnis zur Gesamtfläche nicht beeinträchtigt.
Auch ohne den besonders wertvollen „Kategorie A/B-Artenschutz-Wald“ sind immer noch über 8% der Landesfläche für WKAs geeignet. Selbst ganz ohne Einbeziehen des Waldes bleiben immer noch 3% (nur 1,8% müssen ja erreicht werden, s.o.). Die Zerstörung von Wald ist also vollkommen unnötig.
Das ist nicht richtig. Der Regionalverband stellt fest: Die Gebiete der Tabelle 1 ergeben 1,69 Prozent der Landesfläche, die Gebiete in Tabelle 2 noch einmal 0,58 Prozent der Fläche, sodass insgesamt die gesetzliche Vorgabe von 1,8 Prozent erreicht wird. Sollte die prozentuale Vorgabe wegen eines Ausfalls von Flächen in Tabelle 2 (Bergstraße wegen Belangen der zivilen Luftfahrt und Lammerskopf wegen Plausibilisierung von Gutachten) nicht erreicht werden, müssen Flächen aus Tabelle 3, die gewissermaßen als Reservetabelle gesehen werden kann, hinzugefügt werden. Dabei handelt es sich um Flächen bei Hardheim, Buchen, Aglasterhausen und Zuzenhausen.
Die Gebiete in Tabelle 3 sind zwar fachlich weitestgehend abgeklärt, ihnen stehen aber kommunale Ablehnungen oder auch Alternativvorschläge entgegen. Der Flächenbeitragswert in Baden-Württemberg dieser Gebiete aus Tabelle 3 beträgt allerdings auch nur 0,13 Prozent der Landesfläche.
Bild 4: Überflutungen sind bereits jetzt ein Problem in Heidelberg, das sich durch Einschränkung der Schwammfunktion des Waldbodens noch weiter verschärfen wird
Dieses Bild ist irreführend und soll nur Angst erzeugen. Es hat nichts mit Windrädern zu tun. Wie oben dargelegt, ist eine verminderte Schwammfunktion aufgrund der kleinen Flächen nicht zu erwarten.
Der „Windatlas BaWü“ (2019) sagt zwar auf der Basis von Berechnungen (Kombination von Gelände- und Strömungsmodellen) 20% mehr Energie-Ernte im Odenwald als in der Rheinebene voraus;
Das ist nicht korrekt. Der Windatlas sagt einen Mehrertrag von 50% auf den Höhen des Weißen Steins gegenüber der Rheinebene davor voraus. Mittlerweile gibt es eine Messung, die sogar 72% Mehrertrag prognostiziert.
Die Messungen der Stadt Heidelberg sind völlig unzureichend (2 Messungen, ca. 3 Monate).
Das ist nicht korrekt. Entscheidend ist nicht die Dauer der Messung, sondern dass jede mögliche Windgeschwindigkeit oft genug vorkam. Das war bei dem besagten Gutachten der Fall. Den Rest erledigt die Mathematik.
Betrachtet man die realen Messwerte von zehn Windparks in der Rheinebene und sechs Windparks im Odenwald, so gibt es praktisch keinen Unterschied (0,4%) in der Energie-Ernte (200 Messwerte, 4 Jahre)
Diese Messdaten liegen auch dem Windatlas zu Grunde. Dieser berücksichtigt darüber hinaus aber auch Windrichtungen und Topographie. Daher ist eine einfache Gegenüberstellung beliebiger Standorte wissenschaftlich wertlos.
Moderne WKAs (Nabenhöhe 200 m, Flügelspitzenhöhe 285 m) sind noch unabhängiger von Höhenstandorten, also bestens geeignet für Offenland.
Die Berechnungen des Windgutachtens gehen bereits von einer der aktuell größten verfügbaren Schwachwindanlagen aus (Vestas V172-7.2 MW mit 175m Nabenhöhe). Die gemessenen Unterschiede dürften sich bei weiteren 25 Metern nicht wesentlich ändern. Im übrigen ist mehr als fraglich, ob derartige Anlagen vor Heidelberg mehr Akzeptanz finden werden als im Odenwald.
Abgesehen davon gibt es Konflikte mit Vögeln auch im Offenland!
Dem VRRN wurden auch Vorrangflächen im Offenland gemeldet (1,5%; es fehlen also nur 0,3%, um die 1,8% ganz ohne Wald zu erreichen).
Das ist falsch, siehe den vorigen Kommentar zu diesem Thema.
Es gibt noch etliche weitere, ökologisch voraussichtlich vertretbare Flächen (Bild 5) entlang Autobahnen, Bahngleisen, Stromtrassen, Umspannwerken, Industriegebieten, Klärwerken, Mülldeponien etc..
Das Bundesamt für Naturschutz hat zu dieser Behauptung Stellung genommen und stellt fest, dass sich die Genehmigungsfähigkeit konkreter Standorte aus der Studie nicht ableiten lassen und auch nicht Ziel der Studie war.
Es gibt bereits mehr als 160 WKAs in der rheinland-pfälzischen Rheinebene im Offenland und etliche weitere sind in Planung bzw. Bau, z.B. 25 WKAs Nähe Speyer/B39. In Baden-Württemberg gibt es nur drei veraltete WKAs in der Rheinebene.
Der Grund sind hauptsächlich schlechte Windverhältnisse an der Ostseite der Rheinebene gegenüber denen an der Westseite.
Im Gegensatz zum Wald sind im Offenland auch viel effizientere Ausgleichsmaßnahmen möglich, denn die durch WKAs verursachten Schäden sind hier deutlich geringer und auch sehr viel leichter auszugleichen
Gerade der Wald würde von – durch ein Artenschutzgutachten zielgerichtet empfohlene – Ausgleichsmaßnahmen enorm profitieren. Dass diese tatsächlich eine enorme Wirkung haben, kann man im Schwarzwald beobachten, wo vor Errichtung und vor dem Repowering nach 20 Jahren jeweils Gutachten erstellt wurden und belegen, dass die Artenvielfalt an Standorten mit Windrädern nicht schlechter ist als an solchen ohne. Es wäre wünschenswert, wenn sich der NABU konstruktiv an derartigen Maßnahmen beteiligt, anstatt zu hoffen, dass durch das Vermeiden von Windrädern, Artenschutzgutachten, Ausgleichsmaßnahmen und zusätzlichen Geldern für den Waldumbau schon alles gut wird oder bleibt.
Forderungen des NABU Heidelberg:
Transparenz des gesamten Verfahrens
Diese Forderung unterstützen wir
Untersuchung von Gebieten im Offenland entlang von Autobahnen, Gleisanlagen, Stromtrassen sowie an vorgeschädigten Flächen wie Deponien, Klärwerken, Industriebrachen als WKA-Standorte; Nachmeldung dieser Flächen durch die Stadt Heidelberg an den VRRN; Unterstützung von Planung/Bau von WKAs außerhalb des Waldes
Die Stadt Heidelberg hatte bereits Flächen im Offenland nachgemeldet. Diese wurden vom VRRN wegen zu wenig Wind abgelehnt.
Weitere Windmessungen in der Region mit Berechnung der möglichen Energie-Ernten auf Basis aktueller Parameter (z.B. 200 m Nabenhöhe);
Wie bereits geschildert, ist das vorhandene Gutachten gültig. Weitere Gutachten werden durch die Betreiber zumindest auf dem Weißen Stein höchstwahrscheinlich erfolgen.
Förderung von effizienten Ausgleichsmaßnahmen unter Zurückweisung von bloßen Ausgleichszahlungen; Umsetzung von Artenschutzprogrammen
Dies ist auch eine unserer zentralen Forderungen.
Förderung von alternativer Energie-Gewinnung und -Einsparung (u.a. Photovoltaik auf Dächern/Industriebrachen, Flusswärmepumpen; Vorantreiben eines effizienten Energie-Transportes (u.a. Stromtrassen- und Fernwärmenetz-Ausbau); Energieeinsparung (u.a. energetisches Bauen/Sanieren, Tempolimit, ÖPNV-Ausbau)
Dies sind alles “Sowieso”-Maßnahmen, keine Alternativen. Die Energiewende erfordert nicht nur Windräder, aber ohne Windräder geht es auch nicht.
Die vollständige Stellungnahme des NABU HD mit eingebetteten Kommentaren können Sie hier herunterladen (Kommentare können nicht auf dem Handy geöffnet werden).
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