Dieter Teufel hat in seinem UPI-Bericht 89 zur “Windkraft im Wald” die Volllaststunden und Ernteleistungen verschiedener Windkraftanlagen / Windparks im Wald und in der Ebene miteinander verglichen und kommt zu dem Schluss, dass diese weitgehend identisch seien. Er begründet damit seine Behauptung, dass der Windatlas Baden-Württemberg die Windleistungsdichte auf den Höhen der Mittelgebirge überschätzt bzw. jene in der Ebene unterschätzt.

In einer weiteren Stellungnahme stellt Teufel das Gutachten zur Windmessung an der Kirchheimer Mühle und dem Lammerskopf in Frage. Die Kritik bezieht sich im wesentlichen auf den relativ kurzen Meßzeitraum von ca. 3 Monaten und er wiederholt hier seine o.g. Untersuchungen im UPI-Bericht 89. Gegenwind Bergstraße folgt dieser Argumentation ebenfalls.

Ich möchte im folgenden erläutern, inwiefern die Schlüsse von Herrn Teufel zur Aussagekraft von Windatlas und Windmessungen falsch sind.

Standortvergleiche

Herr Teufel vergleicht die folgenden orange eingezeichneten Standorte in der Ebene mit den grün eingezeichneten Standorten im Odenwald miteinander.

Orange: Im UPI-Bericht 89 betrachtete Standorte in der Ebene; Grün: Im UPI-Bericht 89 betrachtete Standorte im Wald; Violett: Standort Kirchheimer Mühle; Blau: Standorte Weißer Stein und Lammerskopf

Es ist offensichtlich, dass sich sämtliche Standorte in der Ebene auf der linken Seite des Rheins befinden, während der Standort “Kirchheimer Mühle” (violett) sich nahe am rechten Rand der Rheinebene befindet. Während der Wind für die orangen Standorte bei der vorherrschenden Windrichtung Südwest nach Nordost also ungehindert abfließen kann, staut er sich in der Ebene bei der Kirchheimer Mühle am Odenwaldrand.

Die vorherrschende Windrichtung aus Südwesten wurde bei den genannten Windmessungen bestätigt; Auffällig ist, dass die Hauptwindrichtung am Standort Kirchheimer Mühle deutlich weniger ausgeprägt ist, es kommen auch Winde aus Süden, Südosten und sogar Norden vor. Dies lässt auf eine ungleichmäßigere Anströmung schließen, wie wir sie schon in einem früheren Artikel vorhergesagt hatten.

Was Herr Teufel hier tut, ist also im Wesentlichen der erste Schritt, der auch bei der Erstellung des Windatlasses vorgenommen wurde: Die Erfassung von Messdaten an realen Standorten. Während der Windatlas aber danach einen wesentlichen Schritt weiter geht, und die Topographie und Oberflächenbeschaffenheit mit einbezieht und so in aufwendigen mathematischen Verfahren die Daten zwischen diesen Standorten interpoliert, spart Herr Teufel dies komplett aus und vergleicht die originalen Standortdaten direkt miteinander, sogar ohne statistische Analyse (um z.B. die Güte seiner Abschätzung zu ermitteln).

Die Auswertungen von Herrn Teufel entsprechen daher keinerlei wissenschaftlichen Standards und sind somit ohne jede Aussagekraft.

Windmessungen

Bei der Hochrechnung von Windmessungen auf Ganzjahreserträge kommen diverse statistische Verfahren zum Einsatz, die für den Laien teilweise schwer nachvollziehbar sind. Daher möchte ich die Grundidee im folgenden kurz erläutern, denn sie ist eigentlich recht einfach. Betrachten wir zunächst nur einen einzigen Standort; der Vergleich der beiden Standorte Kirchheimer Mühle und Lammerskopf ergibt sich dann direkt aus dem Vergleich der beiden Ergebnisse.

Auswahl eines Referenzstandorts

Um den Jahresertrag für einen Standort anhand einer Messreihe abzuschätzen, welche weniger als ein ganzes Jahr umfasst, benötigt man zusätzlich eine zweite Messreihe in identischer zeitlicher Auflösung (also beide Reihen in 10-Minuten-Intervallen oder beide Reihen in Stunden-Intervallen) und vom gleichen Messzeitraum. Für diese zweite Messreihe, die sogenannte Referenzmessung, müssen darüber hinaus Werte für mindestens einem Jahr vorliegen, idealerweise sogar von mehreren Jahren. Das Fachbüro hat für seine Hochrechnungen nach einer statistischen Analyse hierfür die Daten vom Windpark Greiner Eck gewählt, da diese am besten mit den Messdaten von der Kirchheimer Mühle und dem Lammerskopf korrelierten (also im Verlauf ähnlich waren).

Je enger die Punkte auf einer Geraden liegen (je weniger sie streuen), desto besser kann die Messung (auf der y-Achse) mit der Referenzmessung (auf der x-Achse) verglichen werden, d.h. desto besser ist die finale Hochrechnung. Wie man sieht, korrelieren die Werte insgesamt sehr gut miteinander, an der Kirchheimer Mühle aufgrund der unterschiedlichen Topographie etwas schlechter.

Es wird nun in einem statistischen Verfahren eine mathematische Funktion errechnet, welche die Windgeschwindigkeit am Greiner Eck auf die Windgeschwindigkeit am Mess-Standort abbildet (und dazu die jeweilige statistische Güte dieser Funktion). D.h. für jede jemals gemessene Windgeschwindigkeit am Greiner Eck kann man nun abschätzen, wie groß die Windgeschwindigkeit an den Messstandorten gewesen ist – und wie gut diese Abschätzung ist. Vereinfacht gesagt sucht man auf der x-Achse in obiger Grafik die Windgeschwindigkeit am Greiner Eck heraus und geht dann nach senkrecht nach oben bis man jene Stelle findet, an der die Punktwolke am dichtesten ist (das ist im Bild natürlich schwer zu sehen, lässt sich aber ausrechnen).

Hochrechnung

Nun kann man sich die Häufigkeitsverteilungen der einzelnen Windgeschwindigkeiten am Greiner Eck in den letzten Jahren anschauen (also wie oft wehte der Wind wie stark) und mit der oben erläuterten Funktion für jede dieser Windgeschwindigkeiten die entsprechene Windgeschwindigkeit an der Kirchheimer Mühle und am Lammerskopf bestimmen, dies sind die blauen Kurven in folgender Grafik.

Beim Vergleich der gelben (während des Messzeitraums tatsächlich gemessenen) mit der blauen (auf mehrere Jahre hochgerechneten) Kurve fällt bereits auf, dass die Häufigkeitsverteilungen recht ähnlich sind – dies lässt darauf schließen, dass der Meßzeitraum nicht zu kurz war.

Weiterhin fällt auf, dass die Häufigkeitsverteilung an der Kirchheimer Mühle gegenüber der vom Lammerskopf nach links verschoben ist – d.h. es treten häufiger niedrige Windgeschwindigkeiten auf als am Lammerskopf. Da der Ertrag einer Windkraftanlage mit der dritten Potenz der Windgeschwindigkeit steigt (d.h. doppelt so hohe Windgeschwindigkeit bedeutet achtfachen Ertrag), ist dieser Unterschied entscheidend für die viel bessere Ausbeute am Lammerskopf gegenüber der Kirchheimer Mühle.

Die Kritik von Herrn Teufel und Gegenwind Bergstraße aufgrund des angeblich zu kurzen Meßzeitraums von 3 Monaten ist also haltlos und zeugt von mangelndem Verständis des angewendeten mathematischen Verfahrens.